Jürgen Pasche Geschichten & Gedichte

Jürgen Pasche
Natürliche Geometrie

Die Kurven der Mittelgebirge sind schwer zu berechnen der breite Strom verrät nicht seine Tiefe und der Wacholder widerspricht der Horizontalen der Flussufer und Zäune die Pappel bestärkt sie in ihrem Himmelwärts   in spitzem Winkel beginnt der Entenflug und während der Bussard seine Kreise zieht beendet der Falke in senkrechtem Sturzflug das Leben der […]

Mein altes Sofa

Du hast im Laufe der Zeiten ein eigenes Gesicht erhalten und Falten wenn ich sie glätte sieht man noch das alte neue Braun verblichene Flecken an der Seite zum Fenster und dunkel glänzend die Stelle wo der Kopf seine Ruhe suchte   zusammen Falten und Flecken bekommen: so ist es wenn man das Leben lebt […]

Wörter

Sie waren da lange bevor mein Geist sich entfaltete sie halfen die Welt zu begreifen mit Menschen zu reden zuweilen zu schweigen   Leihgaben sind sie von vielen genutzt von manchen missbraucht ich wähle sie aus behutsam und scheu denn sie erwehren sich nicht des falschen Zugriffs   doch manchmal geschieht es dass ein Gedanke […]

Biografie

Der Krieg war ein halbes Jahr da lernte ich leben   der Friede war ein halbes Jahr da lernte ich lesen:   das i und das c und das h später das fis und das as und schließlich das a und das o

Herbst

Wenn die Blätter gelb und die Worte weniger werden findet man Früchte nicht nur da wo sie fallen   in Äckern und Köpfen muss man graben danach manche zerschneidet der Pflug Gespräche verstummen abgeschnittenes Wort beginnt zu verfaulen und manche vergessene Frucht überdauert den Winter auf Blättern wie diesen

Frostsicher

Mit gerollten Blättern trotzt der Rhododendron dem Frost der Spatz plustert sein Gefieder mich wärmt ein fremder Pelz in Grenzen mein Fell ist nicht dick genug ich beneide den Igel um seinen Winterschlaf

Am nahen Flusse

Am nahen Flusse hast du mich umarmt   und unser Schweigen haben wir in eine Bank geritzt die Worte konnten wir dem Wasser anvertrauen eins blieb zurück und half dem flachgetretnen Gras sich aufzurichten und den Blicken einander wahrzunehmen in der Dämmerung   am nahen Flusse hast du mich umarmt

Pater noster

noch ist es Zeit das Buch zu lesen und das Lied zu singen den Stein zu suchen und die Frucht zu ernten lohnt es sich noch das Buch zu lesen und das Lied zu singen den Stein zu suchen und die Frucht zu ernten und ich beginne jetzt das Buch zu lesen und das Lied […]

Wechsel

anders der Blick aus dem Fenster die Stimmen der Nachbarn die Wege beim Kommen und Gehen der Baum hinterm Haus   geblieben der Stuhl und der Tisch das Buch und das Bett das Unausgesprochne und auch das Spüren des Einklangs   in allem lag Abschied von Menschen und Räumen voll Leben und Fülle und Sterben […]